erfahrungsbericht_agataczamanska

Persönlicher ERASMUS-Bericht

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Erfahrungen von Agata Czamanska

Gasthochschule: Uniwersytet Wrocławski, Breslau
Zeitraum: WS 2013/2014

Erasmus zu machen ist ja ganz sinnvoll in einem EMW Studium, dachte ich mir, als ich mein drittes Semestern abgeschlossen hatte und auch meine Kommilitonen langsam überlegten, ob sie nicht Lust hätten, ein, zwei Semester im Ausland zu studieren. Doch irgendwie haben mir die Angebote unseres Studiengangs nicht so richtig zugesagt. Eigentlich hatte ich sowieso schon im Hinterkopf gehabt, dass ich gerne nach Polen gehen möchte.

ch habe gehört, dass es gerade so ein bisschen im Trend ist, seine kulturellen Wurzeln zu erforschen, wo wir doch jetzt alle Europäer werden. Nun, meine liegen in Polen – meine Eltern wuchsen in Wrocław auf, meine Großeltern in Wielkopolska. Ich bin in Niedersachsen geboren und aufgewachsen, und konnte höchstens gebrochen polnisch sprechen. Nur ein bis zwei Mal im Jahr, an Feiertagen, Geburtstagen oder Hochzeiten, fuhren wir nach Wrocław, wo immer noch ein großer Teil meiner Familie wohnt. Trotzdem fühlte ich mich irgendwie sehr verbunden mit diesem Land und hatte das Gefühl, dass einiges dessen Kultur in mir steckt. Und wenn schon Polen, dachte ich, dann auch Wrocław, wo ich schon einige Menschen kannte.



Meine Intentionen waren also, Zeit mit der Familie zu verbringen, die polnische Kultur kennen zu lernen und vor allem mein Polnisch zu verbessern. Da die EMW keine Partnerschaft mit der Universität dort hat, schaute ich mich bei anderen Studiengängen um und wurde auch fündig. Ich schrieb drei Dozenten an, von denen einer antwortete, und von da an ging alles recht schnell und reibungslos. Von seinem Studiengang hatte keiner Interesse daran, nach Wrocław zu fahren, und so hatte ich gute Chancen.

Der Papierkram war, wie immer, ein wenig anstrengend, aber wenn man sich ein bisschen durch die Internetseiten der Uni Potsdam und Wrocław klickt und Kommilitonen hat, die vor demselben Problem standen, schafft man das auch ganz gut. Um eine Unterkunft musste ich mich nicht kümmern, da ich bei meiner Familie unterkommen konnte. An den Studentenwohnheimen war ich auch überhaupt nicht interessiert … laut, überwiegend Zweierzimmer, unfreundliche Empfangsdamen … Wohnungen aber, so habe ich mitbekommen, findet man ganz gut, auch möblierte Zimmer für ein halbes Jahr, wobei es schon von Vorteil ist, wenn man ein wenig polnisch spricht.

Studiert habe ich Journalismus und Kommunikation, und dieses Studium kann ich im Nachhinein ziemlich positiv bewerten. Als Erasmus Student kann man sich aus allem – Bachelor und Master, jedes Fachsemester, jede Spezialisierung – das beste heraussuchen und ohne Probleme die Seminare besuchen. Die Hälfte habe ich auch polnisch, die andere auf englisch belegt. Generell habe ich schätzungsweise 50% polnisch und 50% englisch gesprochen. Mit meiner Familie konnte ich mich ja nur auf polnisch unterhalten, was ein großer Vorteil zum Lernen der Sprache war. Mein Polnisch hat sich zumindest wesentlich verbessert.



Was mich ein wenig überraschte, aber eigentlich gar nicht überraschen sollte, war, dass es erstens sehr viele Erasmus Studenten in Wrocław gab und dass ich natürlich hauptsächlich englisch mit denen gesprochen habe. Wrocław ist tatsächlich die größte Studentenstadt Polens, also klar, dass dort auch viele Studenten aus dem Ausland hingehen. Wenn man diese fragt, wieso gerade Polen, war die Antwort meistens, dass es in erster Linie günstig ist, und dass man ja eigentlich gar nichts über den Osten weiß und ihn deswegen kennen lernen sollte. Außerdem könne man in Wrocław gut auf englisch studieren.

Ja, na ja, tatsächlich ist alles sehr gut bezahlbar, das muss man zugeben, zumindest für Studenten aus dem Ausland. Es gibt auch sehr gute Möglichkeiten, innerhalb Polens zu reisen, da der Transport und die Unterkünfte vergleichsweise günstig sind. Es lohnt sich auf jeden Fall, Warschau, Danzig oder Krakau einen Besuch abzustatten. Aber Wrocław bietet auch noch andere Vorteile: Weltoffenheit, abwechslungsreiches Studentenleben, eine interessante Kultur und reiche Geschichte... Manchmal fällt auf, dass Polen erst mal den Spagat zwischen Tradition und Moderne leisten muss, aber gerade das, und die unglaubliche Entwicklung, die das Land gerade durchmacht, macht es so interessant.



Die Ziele, die ich mir vor der Abfahrt gesetzt hatte, habe ich auf jeden Fall erreicht und meine Erwartungen wurden sogar noch übertroffen. Ich habe noch keinen Erasmus Studenten negativ über seine Erfahrungen sprechen hören, und auch ich kann eigentlich nichts Negatives äußern. Nicht einmal das Wetter, denn Wrocław ist die wärmste Stadt Polens und auch sonniger als Berlin. Mit ca. 630.000 Einwohnern ist sie zwar wesentlich kleiner, und das ganze kulturelle Leben spielt sich an einem Ort, dem rynek, ab, aber ich empfand es als schöne und bereichernde Abwechslung zum Großstadtleben. Insgesamt also definitiv weiterzuempfehlen, auch wenn man kein polnisch spricht oder keine polnische Wurzeln hat; es gibt dort sehr viel zu entdecken und vor allem zu lernen.

Agata kannte Breslau schon. Doch 6 Monate lang dort zu leben, ist eine andere Sache. Wollt ihr noch mehr wissen? Dann schaut mal hier:

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