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Holland, das Land des fiets

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ERASMUS-Erfahrungsbericht von Sophie Labitzke

Gasthochschule: Universiteit Utrecht, Niederlande
Zeitraum: 09/2013 bis 02/2014

1) Vorbereitung des Auslandsaufenthalts - Informationen zum ERASMUS-Programm

Die Anmeldung zum Erasmussemester an der Universität Utrecht in den Niederlanden war unerwartet unkompliziert. Zunächst wurde sich per Mail beim Erasmuskoordinator gemeldet. Dr. Sternagel leitete meine Bewerbung an die Universität Utrecht weiter. Die ausländische Uni meldete sich dann bei mir und forderte zum Ausfüllen eines Onlineformulars auf. Darin war auch ein kurzes Motivationsschreiben gefragt. Aufgrund dessen wurde mir dann verbindlich der Erasmusplatz zugesagt, nur noch Unterlagen mussten eingereicht werden. Dabei handelte es sich um: Learning Agreement, Certificate Of Enrolment, Course Registration und Krankenversicherungsnachweis. Bei Ungeduld oder Unsicherheit bezüglich einiger Unterlagen hilft die Universität Utrecht sehr hilfsbereit weiter. Telefonisch ist immer jemand im International Office erreichbar.


2) Studium an der Gastuniversität

Hochschulsprache

Für Exchange Students gibt es nur Kurse auf Englisch. Viele Niederländer nehmen auch an diesen Kursen Teil, um ihr Englisch aufzubessern. Wenn man auf Niederländisch studieren möchte, braucht man ein Sprachzertifikat. Dazu kann man an der Universität Utrecht einen Intensivkurs besuchen. In diesem Intensivkurs wird man auf das Staatsexamen NT2, Programm 2 (Niveau B2 des gemeinsamen europäischen Rahmenwerks) vorbereitet. Das Examen ist Zulassungsvoraussetzung für alle niederländisch-sprachigen Bachelor- und Master-Studiengänge. Das habe ich persönlich nicht gemacht, deswegen verweise ich an dieser Stelle auf: http://www.uu.nl/university/international- students/EN/Studienbewerber/informationen/Pages/SprachkursNiederlaendisch.aspx

Struktur

Das Semester teilt sich in zwei Blöcke. Pro Block nimmt man zwei Kurse. Das gilt nicht nur für Austauschstudenten, auch niederländische Studenten machen das so. Die Leistungsunkte reichen aus (30 ECTS) und man hat genug zu tun - pro Kurs sind ein Vortrag, ein Final Paper und laufende Essays pro Woche Pflicht. Jeden Kurs hat man zweimal pro Woche. Kurse bestehen aus einer working group (Seminar) und einer lecture (Vorlesung). Ein Block hat also maximal 4 belegte Tage pro Woche. Jeder Kurs dauert 1h 45 min. In der Mitte jedes Kurses gibt es eine 10 minütige Pause.

Kurswahl

Ich selbst habe in Utrecht Kommunikations- und Informationswissenschaften studiert (Äquivalent zu Europäische Medienwissenschaften, meinem Studiengang in Potsdam). Ich habe viele Kurse der Theater- und Filmwissenschaften gewählt. Darunter waren Weimar cinema, Film theories und Television and Popular culture. Der Kurs Postcolonial Europe zählte mehr zu den Kommunikationswissenschaften. Zu weit vom Studienthema darf die Kurswahl natürlich nicht abweichen. Jeder der vier Kurse, die ich in dem Erasmus-Semester belegt habe, wird mit 7,5 ECTS bewertet. Kurse für Exchange Students findet man hier.
Zum Anmelden für einen Kurs reicht eine Online-Registrierung. Dazu wird man von der Universität nach Austausch aller nötigen Unterlagen angehalten. Man studiert via OSIRIS und Blackboard. OSIRIS ist eine Art virtuelle Lehre und enthält alle belegten Kurse und die dazugehörigen Leistungen. Blackboard „lagert“ Kurs- Texte; hier ladet man auch seine Hausarbeiten, Portfolios, etc. hoch.
Für Klausuren oder Hausarbeiten muss man sich nicht nochmals anmelden. Das passiert automatisch nach der einmaligen Registrierung auf OSIRIS. Ich persönlich hatte nur eine zweistündige mid-term-Klausur im ersten Block. Diese bestand aus Multiple Choice Fragen und einem kurzen Essay.

Benotung

Die Bewertung bewegt sich zwischen 10, als beste Note, und 0, wobei alles unter 5 bereits als durchgefallen benotet wird.

Studienklima

Das Studienklima ist sehr angenehm. Dafür sorgen offene, flexible Professoren, die man selbst zu später Stunde noch telefonisch um Rat fragen darf, Online-Diskussionsforen über den belegten Kurs und die (technisch!) gut ausgestatteten Kursräume an der Universität.

Ansprechpartner

Einen direkten Ansprechpartner hatte ich in den Niederlanden nicht, allerdings findet man im International Office jederzeit ein offenes Ohr, an das man sich wenden kann. Das International Office findet man in der Innenstadt, Drift 10. Mittwochs ab 13 Uhr steht immer jemand zur Verfügung (diese Adresse gilt für Geisteswissenschaften). Andere Studiengänge wenden sich an das International Office am Campus De Uithof in der Heidelberglaan. (siehe http://www.uu.nl/NL/Informatie/studenten/contact/internationaloffice/Pages/default.aspx)


3) Kontakte zu einheimischen und ausländischen Studierenden

Da ich in einem international dorm gewohnt habe, war es einfacher bzw. schneller möglich für mich viele gute Kontakte mit anderen ausländischen Studenten zu knüpfen. Es gab in meinem Wohnheim aber auch vereinzelt einheimische Studenten, mit denen der Kontakt genauso schnell und angenehm zu knüpfen war.
In der Uni gab es zwischen ausländischen und einheimischen Studenten keinen Unterschied. Die niederländischen Studenten kommen auch spontan auf ausländische Studenten zu, um ihre Hilfe anzubieten.


4) Sprachkompetenz vor und nach dem Auslandsaufenthalt

Vor dem Auslandssemester bewarb ich mich an der FU Berlin um einen Platz in einem Niederländischkurs, konnte leider aber Keinen mehr bekommen. Das war ein Jahr vor meinem Erasmus-Semester, das mir zu dieser Zeit noch nicht zugesagt war. So und so wollte ich unbedingt die Sprache kennen lernen. Anstelle des Sprachkurses wurde es dann ein Sprach-Tandem, arrangiert von der FU Berlin. Ich brachte einem niederländischen Erasmus-Studenten Deutsch und er mir Niederländisch bei. Mein niederländisches Sprachlevel war zu Beginn meines Auslandssemesters nur wenig geringer als zum Ende hin. Im Semester habe ich einige Insider kennengelernt, die ich in meinem Tandem so nicht behandelt habe; alltägliche, umgangssprachliche Wendungen von Supermarktkassen, o. a. haben sich gefestigt. Mein Englisch wurde aber bei Weitem mehr gefördert, da das im Wohnheim an der Tagesordnung stand.



5) Wohn- und Lebenssituation

Wohnungssuche und Wohnheim

Vier Wochen vor meiner Ankunft in den Niederlanden habe ich mich entschieden über SSH (Short Stay Housing) zu mieten - zunächst hatte ich vergeblich auf kamernet.nl mein Glück versucht. Die niederländischen Seiten zur Wohnungssuche funktionieren ausschließlich kostenpflichtig. Das heißt, dass pro Monat um die 15 Euro fällig sind, nur um einen Kontakt vermittelt zu bekommen. Kontakt wird dann persönlich per Telefon aufgenommen. Das Problem an diesen Maklerseiten, neben den anfallenden Kosten, ist, dass die Niederländer es bevorzugen die zukünftigen Bewohner persönlich kennenzulernen. Wenn man flexibel ist und vorher schonmal nach Utrecht fahren kann, ist das natürlich kein Problem, andererseits aber so gut wie aussichtslos.
SSH ist eine gute aber auch teurere Alternative zur Wohngemeinschaft. Hier gibt es Zweier- und auch Einzelzimmer. Der Mindestbetrag für ein Zimmer, ob Einzelzimmer oder nicht, liegt bei 400 Euro, unabhängig von der Zimmergröße (bei SSH mindestens 8 qm). Ich selber hatte ein Einzelzimmer von 20 qm. Ein Waschbecken war enthalten (eine Besonderheit unter den gesamten Zimmern im Wohnheim) und im Flur vor meinem Zimmer befand sich eine Toilette, die ich größtenteils allein nutzen konnte. Im Wohnheim Beneluxlaan 924 A bezahlt man dafür 515 Euro.
Auf die letzte Minute sollte man die Buchung bei SSH sein lassen. Das wird nur unnötig teuer.
Positiv am Wohnheim ist, dass man hier viele Kontakte aufbauen kann, die dieselben Sorgen und Erfahrungen teilen. Auch Niederländer sind darunter, die beraten können in Sachen Amt, Bank oder Universität.

Öffentliche Verkehrsmittel

Fietsen (nl.: Fahrrad fahren) ist angesagt, wenn man billig durch Utrecht kommen will. Wenn man in Kanaleneiland wohnt, so wie ich, braucht man mindestens 15 min per Fahrrad bis zur Uni. Tram und Bus sind teurer. 1,43 Euro sind es von Kanaleneiland aus bis direkt zum Campus in der Innenstadt (13-minütige Fahrt). Nachts ist es besser mit dem Fahrrad zu fahren. Die Tram fährt nur noch bis 1 Uhr. Nachtbusse fahren selten. Für einen Tagesausflug nach Amsterdam zahlt man insgesamt, für den Zug und die öffentlichen Verkehrsmittel in der Innenstadt, 14 Euro. Das Anreiseticket, 7 Euro, kann in Amsterdam für Bus und Tram weitergenutzt werden. 7 Euro sind es dann aber wieder für die Rüchreise nach Utrecht, die um die 30 Minuten dauert.

Bankgeschäfte

Bei der INGdiba oder der Rabobank kann man ein niederländsiches Konto eröffnen. Wenn man aber eine deutsche VISA Karte hat, ist das Bezahlen in den Niederlanden kein Problem und man spart sich die Nerven für das Eröffnen eines neuen Kontos. Für das Einkaufen im Supermarkt sollte man aber immer Bargeld haben, denn diese Kassen nehmen die ausländischen VISAs nicht an. Geldautomaten gibt es aber vor jedem Supermarkt (vomaar, albert heijn, lidl, superspar).

Krankenversicherung

Wenn man Kunde bei der AOK ist, ist man durch die EHIC-card (AOK-Mitgliedskarte) in Europa krankenversichert.

Lebenshaltungskosten

Die Miete ist deutlich teurer, nicht nur wenn man im Wohnheim wohnt (Wohnheimpreis für 20 qm sind 515 euro). Das Essen ist ein wenig teurer, fast unbemerkt allerdings. Der Käse ist hier teilweise aber deutlich billiger. Kleidung scheint hier den gleichen Preis zu haben.

Freizeitangebote

Die ESN card ermöglicht für einmalige 4 Euro so Einiges. Man bekommt Vergünstigungen für ESN Events- das sind vor allem Discobesuche, Wochenendtrips, Eintritt in Museen, etc.

6) Rückblick - Tipps für nachfolgende Studenten

Einwohnermeldeamt

Die Anmeldung als Einwohner regelt die Universität Utrecht für die internationalen Studenten schnell und verbindlich. Gleich am ersten Tag (Orientation Day) unterschreibt man ein Formular, geht dann zwei Wochen später ins städtische Amt und bekommt eine Bescheinigung (dieser Termin ist Pflicht und verbindlich). Jeder, der länger als 5 Monate in den Niederlanden wohnt, muss sich registrieren lassen sonst wird man straffällig! Die Universität Utrecht kümmert sich nur dann um die Registrierung der Studenten, wenn diese auch in Utrecht eine Wohnung haben. Studenten die außerhalb der Stadt wohnen, müssen den Antrag selber beim betreffenden Amt stellen. Die Uni Utrecht kündigt die Registrierung in der Stadt für die internationalen Studenten, die in Utrecht wohnen auch wieder.

Studententicket/ -kopierkarte

Die Studentenkarte nennt sich chipknip. Um diese zu bekommen, zahlt man 20 Euro (nur für die Karte) in der Bibliothek, im International Office, o.a.. Geld muss dann noch raufgeladen werden. Das kann man an den Chipknip-Automaten auf allen Campus tun.

Computerpools

Einen Arbeitsplatz, ob mit Computer oder ohne, bekommt man ohne gute Planung so gut wie nie. Diese Plätze befinden sich in der Bibliothek (Campus Stadtmitte). Die Bibliothek öffnet (wie die Uni selbst) um 8 Uhr. Wenn man einen Arbeitsplatz haben möchte, sollte man bereits zur Öffnungszeit einen Platz reservieren. Um 12 Uhr bekommt man schon keinen Arbeitsplatz mehr.

Sparen bei Lebensmitteln

Für einen billigen Einkauf im Supermarkt empfehle ich die Marke Euroshopper in Albert Hijn (eine Supermarktkette). Diese Marke ist sehr viel billiger als alle anderen Marken. Obst und Gemüse bekommt man preiswert in der Vasco da Gamalaan. Dort befindet sich ein türkischer Markt, der leckeres Obst und Gemüse anbietet.

Simkarte

Die Studentenverbindung ESN Utrecht vergibt kostenlos Simkarten. Man kann einfach in das Vereinsbüro in der Straße Achter de Dom gehen und danach fragen.


Neben entspannten Fahrradtouren zur Uni und Bootsfahrten durch die Grachten gibt es in Sophies Blog so einiges über Studium, Wohnheim und Nachtleben zu erfahren. Wollt ihr noch mehr wissen? Dann schaut mal hier:

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