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Persönlicher Erfahrungsbericht

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für ERASMUS-Interessierte von Franziska Schubert

Gasthochschule: University of Copenhagen
Zeitraum: 09/2014 bis 01/2015

1) Vorbereitung des Auslandsaufenthaltes

In meinem Studiengang Europäische Medienwissenschaft wird empfohlen im fünften Semester ins Ausland zu gehen und dafür bestehen zahlreiche Partnerschaften mit europäischen Universitäten. Obwohl ich bei der Wahl der Partner-Uni Modena (Italien) an erste Stelle gesetzt hatte, war ich nicht enttäuscht, als ich den Platz an der Universität Kopenhagen erhielt. Mir war es wichtig, ins Ausland zu gehen, meinen Horizont sowohl akademisch als auch in Bezug auf die allgemeine Lebenserfahrung zu erweitern und da schien mir die Stadt an sich zunächst nicht so entscheidend. Nach dem ganzen Stress in Kopenhagen ein Zimmer zu finden – das ist leider aufgrund der Wohnungsnot dort ziemlich kompliziert – stand meinem Erasmus-Semester nichts mehr im Weg. Der Einführungstag an der Uni Kopenhagen Ende August half uns Austauschstudenten glücklicherweise, uns schnell in die Strukturen und das Studentenleben einzufinden.

2) Studium an der Gastuniversität

In meinem Studiengang Film and Media Studies an der Uni Kopenhagen hatte ich anders als in Potsdam wenige Seminare, dafür aber jedes drei bis sechs Stunden die Woche. Dementsprechend erhielt ich für jeden Kurs enorm viele Leistungspunkte. Anders als man manchmal über Erasmus-Studenten hört, habe ich tatsächlich intensiver studiert als in Potsdam: Meine Dozenten hatten einen hohen Anspruch an uns, außerdem haben mich die Inhalte so fasziniert, dass ich sehr motiviert an den Vorträgen und Prüfungsvorbereitungen gearbeitet habe. Zusätzlich zu den Kursen in meiner Fakultät belegte ich zwei Kurse extra für Gaststudenten, die sich der dänischen Kultur widmeten. Generell hatte ich sehr gute Dozenten, bei denen ich eine Menge mitnehmen konnte. Leider hat die Uni Kopenhagen sehr verwirrende bürokratische Strukturen, die uns sehr mangelhaft durch die Prüfungskoordinatoren vermittelt wurden. Das führte dazu, dass beim Einreichen von Prüfungsmaterialien und Hausarbeiten viele von uns Austauschstudenten aufgrund von formalen Fehlern beim ersten Mal durchfielen. Deshalb mein Fazit: großartige Kurse, sehr gute Dozenten, aber schlechte Kommunikation seitens der Prüfungs-Administration.

3) Kontakte zu einheimischen und ausländischen Studierenden

Durch zahlreiche Erasmus-Parties und Veranstaltungen extra für Austauschstudenten an der Uni war es sehr einfach neue Freunde zu finden. Ich habe es genossen durch den Austausch mit den anderen so viel über andere Kulturen und Mentalitäten zu erfahren und Kopenhagen gemeinsam zu entdecken. Ein Kurs in meinem Studiengang widmete sich dem Produzieren von Kurzfilmen. Ich selbst war nicht in diesem Kurs, aber eine enge Freundin, die ich aus Potsdam kannte und so kam ich in Kontakt mit ihrem Filmteam. Es war eine unglaublich schöne und intensive Zeit die Gruppe, die aus ganz unterschiedlichen Nationalitäten bestand, bei dem Entstehungsprozess ihres ersten Kurzfilms zu begleiten. Dadurch entstanden enge Freundschaften, denn für so einen Film verbringt man viel Zeit miteinander und lernt sich schnell sehr persönlich kennen. Außerdem verband uns alle die Liebe zur Kunst und vor allem zu Filmen. Ich bekam später die Möglichkeit bei einem weiteren Filmprojekt mitzuwirken. Dänischen Einheimischen bin ich in den fünf Monaten kaum “näher gekommen”. Ich hatte einen guten Freund, ein Ur-Kopenhagener, der deutsch-dänsiche Wurzeln hat und wir uns deswegen auch auf deutsch verständigten. Mir hat es gut getan, ab und zu seine Sicht auf Kopenhagen aufzunehmen: dass diese Stadt für ihn Heimat und damit auch Alltag und Normalität darstellt und dass meine Zeit dort demnach vor allem durch diesen gewissen “Erasmus-Lifestyle” und durch die ganzen unglaublichen Begegnungen und Freundschaften so intensiv und außergewöhnlich werden konnte.

4) Sprachkompetenz vor und nach dem Auslandsaufenthalt

Vor meinem Auslandssemester hatte ich ein halbes Jahr einen Dänisch-Kurs an der Volkshochschule belegt und hatte fest vor, einen Zugang zu dieser Sprache zu finden. Meine Begeisterung flaute aber in Dänemark schnell ab, da ich zunächst damit beschäftigt war, mich auf den englischen Uni-Alltag einzustellen und mein Stundenplan dann schon zu voll war für einen Dänisch-Kurs. Obwohl ich meine Englisch-Kenntnisse recht hoch eingestuft hatte, war es doch herausfordernder als ich dachte, mein ganzes akademisches Leben auf dieser Sprache zu bestreiten und selbst in meiner WG, also in den ganz normalen Alltagssituationen, ausschließlich Englisch zu sprechen. Nach etwa zwei Wochen hatte ich mich daran gewöhnt und genoss es in den darauf folgenden Monaten zu merken, wie sich das Vokabelwissen unglaublich schnell erweiterte, wie ich irgendwann gar nicht mehr darüber nachgedacht und selbst mit meinen deutschen Freunden manchmal Englisch gesprochen habe. Am Ende bei meiner mündlichen Prüfung bekam ich besonderes Lob für mein Englisch und spätestens da hab ich kapiert: das Semester hat sich schon allein dafür enorm gelohnt, da ich mich jetzt selbstbewusst und frei in dieser Sprache fühle, mich ohne Hemmungen ausdrücken und vor allem Englisch mit den unterschiedlichsten Akzenten verstehen kann. Mein Dänisch ist auf der Strecke geblieben: ich kann es zwar recht gut lesen, teilweise verstehen, bin aber über Danke (Tak) und Tschüss (Hi-hi) sagen nicht hinausgekommen. Generell ist durch das Erasmus meine Motivation mich noch mehr mit Sprachen zu befassen, gestiegen. Inspiriert durch die Freunde aus dem Filmteam möchte ich Italienisch und Ungarisch lernen.

5) Wohn- und Lebenssituation

Wie schon angedeutet ist es nicht gerade leicht in Kopenhagen ein Zimmer zu finden. Es gibt eine Housing Foundation von der Uni Kopenhagen, die Wohnheim-Zimmer vermittelt, aber im Bewerbungszeitraum gab es immer wieder Probleme mit der Website, so dass ich mich nur noch auf Wartelisten setzen lassen konnte oder in unglaublich teure Apartments hätte ziehen können. Über diverse WG-gesucht-Seiten habe ich nach vielen, vielen Nachrichten ein Zimmer in einem Vorort gefunden. Es war wirklich schön, wenn auch teuer, in dem Häuschen in dieser grünen Siedlung von Rødovre zu wohnen, aber der Weg in die Innenstadt und besonders zur Uni war recht lang – eine Stunde, davon ein Stück mit dem Fahrrad und der Rest mit der S-Bahn. Da auch Verkehrsmittel recht teuer sind in Kopenhagen, wurde mir mehr und mehr bewusst, dass ich glücklicher wäre, mehr im Zentrum zu wohnen. Nach zwei-einhalb Monaten ergab sich die Möglichkeit in eine WG in einem zentralen Stadtteil zu ziehen, zusammen mit zwei Deutschen, die ich schon aus der Uni kannte. So konnte ich den Rest meiner Erasmus-Zeit in der Innenstadt verbringen – es war wirklich das Beste, was mir passieren konnte! Mein Fazit zur Wohnsituation in Kopenhagen ist also: man braucht viel Glück und Kontakte, um wirklich etwas Zentralgelegenes und Bezahlbares zu finden. Trotzdem ist Kopenhagen ja eine verhältnismäßig kleine Hauptstadt, bei der man es auch am Stadtrand recht lang aushalten kann.

6) Rückblick

Ich bin sehr dankbar für meine Zeit in Dänemark. Ich habe unglaublich viel gelernt, rein akademisch betrachtet, aber besonders habe ich eine Menge über mich selbst gelernt, über meine Fähigkeit mit neuen Herausforderungen umzugehen, über andere Kulturen, Vorurteile und über Menschen an sich, wie man auch ohne Worte kommunizieren kann, allein durch Kunst und Musik, durch Bilder, Blicke und Gesten. Besonders vermisse ich dieses Gefühl morgens aufzuwachen und sich darauf zu freuen, was alles Verrücktes und Unerwartetes passieren wird und zu wissen, dass man eventuelle Verwirrung und Überforderung, wenn man mit den alltäglichen Mentalitätsunterschieden oder dänischer Bürokratie konfrontiert wird, mit den anderen Erasmus-Studenten teilen kann. Ich bin viel erwachsener geworden und empfehle jedem sich auf ein Auslandssemester einzulassen: Es kann im besten Falle die ganze Lebens-Perspektive (positiv) verändern oder auch einfach nur eine wunderschöne Zeit in so einer unglaublich beeindruckenden Stadt wie Kopenhagen sein.

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